130 Jahre Nachbarschaft
Die Leipziger und ihr Konsum
in: Leipziger Blätter Nr. 64, Frühjahr 2014, S. 16-19
Die Leipziger und ihr „Konsum“ gehören zusammen, seit die erste Warenausgabestelle 1884 in der heutigen Weißenfelserstraße öffnete. Anlässlich des 130. Geburtstages versuchte ich, das Besondere dieses innigen Verhältnisses in Vergangenheit und Gegenwart zu beleuchten und den „Konsum“, den wir alle zu kennen glauben, aus Kundensicht neu vorzustellen.
Einblicke in interne Abläufe gewährten mir MitarbeiterInnen der Konsumgenossenschaft Leipzig eG. Wenngleich innerhalb der Genossenschaft eine für Außenstehende mitunter merkwürdig anmutende Begrifflichkeit vorherrscht, so war die Zusammenarbeit doch fruchtbar und hochinteressant.
Ich danke besonders Herrn Henry Schütze, dem Leiter der Werbeabteilung beim Konsum, für seine geduldige Beantwortung meiner Fragen und Frau Petra Schumann, der Vorstandssprecherin der Konsumgenossenschaft Leipzig eG, mit der ich so angenehm ins Plaudern geriet.
Die Konsumfotos zu diesem Artikel stellte mir freundlicherweise die ‚Konsumgenossenschaft Leipzig eG‘ für meine Website zur Verfügung. Ganz herzlichen Dank dafür!
Leseprobe
Und dann sind da noch die Nachbarschaftsläden – der Konsum auf kleinster Fläche mit Mitarbeitern, die ganz genau wissen, was ihre Kunden wollen. Nah dran an den Menschen zu sein ist in diesen Läden nämlich besonders wichtig. Keiner kommt von weither, und nicht jeder, der hier einkauft, kann und will sich ein weiteres Mal auf die Socken machen. Hier ist das Sortiment punktgenau auf die Nachbarschaft zugeschnitten, die dieses Angebot sehr gerne annimmt und nicht nur kauft, sondern den Konsum gleichzeitig als Treffpunkt nutzt, denn der eine oder andere kommt doch gerne auch mehrmals täglich vorbei. Auch dafür ist der kleine Konsum gut. Besonders in den ländlichen Gebieten, wie in Löbnitz, Zwochau oder Krostitz, hat die »kommunikative Komponente« traditionell eine besondere Bedeutung. Wesentlichen Anteil an dieser positiven Entwicklung haben selbstverständlich die Teams, die nicht nur den Grundgedanken von Qualität und Frische täglich umsetzen, sondern gleichzeitig eine Kundennähe pflegen, wie man sie in anderen Einkaufsmärkten vergeblich sucht. Apropos Kundennähe, in dieser Hinsicht stellen sich beispielsweise das Team im Städtischen Kaufhaus oder das in der Karl-Liebknecht-Straße 6b jeden Tag aufs neue besonderen Herausforderungen. Hier wie dort verzeichnen die Mitarbeiter einen enormen Kundendurchlauf. Ehe die Bahn kommt, werden schnell zwei bis drei Artikel fürs Abendessen oder gegen den akuten Hunger eingesammelt, bezahlt – und schwupp steht der Kunde schon wieder an der Haltestelle. Im Städtischen Kaufhaus nehmen Studenten einen kleinen Snack für die Vorlesung mit, Angestellte holen sich geschnittenes Obst oder vorbereiteten Salat für die Mittagspause, und pflastermüde Touristen greifen zu abgepackten Sandwiches und Limo. Die große Menge an Laufkundschaft verlangt den Teams alles ab und macht die Mitarbeiter selbst zu Läufern, die ständig in Leipziger Bewegung sind, um schnell nachzufüllen und fix zu kassieren. Stockungen treten nur dann auf, wenn Studenten zum Monatsende ihre 2,17 Euro mit EC-Karte bezahlen wollen und leider, leider der Dispo wieder einmal ausgereizt ist. Außer dem jungen Mann wird dann niemand unruhig. Freundlichkeit und Geduld haben noch immer zum Ziel geführt. Und von irgendwo taucht dann doch eine Euromünze auf. Das Geld reicht, und der nächste Kunde ist dran.